Esther Schipper

Galeristin, Berlin

Wir haben es zurzeit mit einer Situation zu tun, in der Entscheidungen und Urteile der Hauptakteure in Politik und Presse auf Unkenntnis und Nichtinformation basieren. Erschreckend dabei ist, dass, selbst wenn wir hier von einer extrem positiven Intention ausgehen würden, das Unwissen ein so großes Ausmaß hat, dass jedes Handeln auf dieser Basis nur als extrem fahrlässig bewertet werden kann. Man kann bloß hoffen, dass Politik und Presse in den neuralgischeren sozialen und ökonomischen Bereichen fundierter arbeiten und berichten. Die Arroganz zu glauben, man dürfe derart uninformiert eine Meinung vertreten, hat großes Vernichtungspotenzial. Leider wird immer wieder gerne übersehen, dass ein Großteil unseres Berliner Betriebssystems eher zum Prekariat als zum internationalen Jetset gehört. Dieser Teil prägt jedoch maßgeblich die Identität Berlins als internationale Kunststadt – und ist deswegen nicht der Stadt, dem Land oder dem Bund zu verdanken, sondern den vielen Menschen, die mit Zeit und Engagement diese Situation überhaupt erst erschaffen haben, ohne immer einen persönlichen oder wirtschaftlichen Mehrwert in den Vordergrund zu stellen. Damit haben sie weitaus besser einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllt als manche Entscheidungsträger, die versuchen, sich das jetzt zunutze zu machen.

 

 

Quelle: P/Act for Art: Berlin Biennale Zeitung

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