Inga Zimprich

Künstlerin, Berlin

Der Kunst und ihren angrenzenden Feldern ist es mehr als anderen möglich, sich nicht lediglich in die Politik zu mischen, um Interessen durchzusetzen, sondern sich ihrem eigenen politischen Vermögen zuzuwenden. Zum Politischen der Kunst gehört die Verteilung des Sagbaren und die Hervorbringung von Formaten, in denen Erfahrung mitteilbar und lesbar, sogar gemacht wird. Diese Verteilung nehmen Kunstschaffende, KuratorInnen und Institutionen gleichermaßen vor. Nicht nur ihre Rollen, auch ihre Handlungen des Herstellens, Zeigens, Ausstellens, Schreibens und Beschreibens greifen ineinander.

 

Ein Abkommen würde zunächst verschiedene, voneinander abgrenzbare Parteien voraussetzen, die es untereinander schließen könnten. Anstatt diese Gruppen – KünstlerInnen, KuratorInnen, Institutionen, Politik – als Getrennte zu konstituieren, denke ich mir eine erhöhte Aufmerksamkeit der Kunstschaffenden und ihrer Institutionen für dieses Politische in ihrem Tätigsein. Eine Verhandlung nämlich, die ihre eigene Verbindlichkeit erzeugt und in einem aktuellen Bezug zu ihrer Zeit steht, setzt gerade zwischen diesen Entwürfen und Artikulationen ein. Eine Arbeit, eine Ausstellung, eine Institution und deren Befragung sind hierfür gleichermaßen mögliche Orte. Der Gebrauch dieser Orte und die Verständigung über diesen Gebrauch sind für das, was die Kunst als ihr Politisches artikulieren kann und will, ausschlaggebend. Dass diese Verbindlichkeit heute fehlt, heißt auch, dass die als maßgeblich etablierten Orte und Institutionen sich ihren eigenen politischen Verfahren, die sie in ihren Programmen und ihren Formaten vorschlagen, nur unzureichend zuwenden. Berlins Dichte an prekärer künstlerischer Produktion vermittelt zudem ein Gefühl der Beliebigkeit, in der die Mitteilungen und Verfahren, die Einzelne und mehrere entwickeln, wenig wichtig sind. Wir, die vorsichtshalber denken, das eigene Handeln, der eigene Entwurf fiele im Vergleich zu großen Projekten, Produktionen und großen Geldern nicht ins Gewicht, sollten im Gegenteil und gerade im Gewahrwerden dieses Mangels an tatsächlicher Verhandlung in der Kunst uns als Einzelne und im Gemeinsamen jenem politischen Vermögen ganz zuwenden. Einem Dialog zwischen künstlerischem und politischem Feld sollte diese Aufmerksamkeit vorausgehen. Sie entscheidet darüber, was darin mitteilbar wird.

 

 

Quelle: P/Act for Art: Berlin Biennale Zeitung

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