Ute Weiss Leder

Künstlerin, Berlin

In dem vorliegenden Schreiben beschäftigen sich viele Fragestellungen, die ihr an KünstlerInnen richtet, mit den Verhältnissen in Kulturvermittlungsinstitutionen und politischen Gremien, jedoch weniger mit dem Arbeitsalltag von Künstlern. Es wird die Idee nach einem Abkommen, einem »sozialen Vertrag« für KünstlerInnen formuliert. Welche Verpflichtungen würden sich für die Künstler aus einem solchen Vertrag ergeben? Sicherheit oder Abhängigkeit?

KünstlerInnen benötigen in erster Linie ein Einkommen, was ihnen das Leben und die künstlerische Produktion ermöglicht. Ob das Geld aus der Zusammenarbeit mit Galerien oder durch Projektförderungen, Stipendien, Nebenjobs und privater oder sozialer Unterstützung kommt, ist für den Einzelnen weniger entscheidend. Wichtig sind gute infrastrukturelle Bedingungen in unterschiedlichsten Produktionsstätten. Für deren Erhalt und Ausbau benötigen KünstlerInnen die Unterstützung von den Kulturinstitutionen und den Interessensverbänden und natürlich von Kulturpolitikern. Das war auch der Ausgangspunkt für den offenen Brief »Haben und Brauchen«, der mit seinen Forderungen das Gespräch suchte.

Und da Künstler meines Erachtens keine gesellschaftliche Sonderstellung haben, sollten sie wie jeder andere die Bedingungen für ein verantwortliches Handeln mitbestimmen, mitschaffen und wenn notwendig von der Politik einfordern.

Selbstverständlich benötigen Kulturinstitutionen Planungssicherheit – da ist der Staat, die Stadt, der Bezirk gefragt. Und natürlich befindet sich auch der einzelne Künstler in diesem System, sodass eine Grundlage zur Arbeitssicherheit nur durch gegenseitige Beratung zwischen bildenden KünstlerInnen, Vertretern von Institutionen und KulturpolitikerInnen in breiter Öffentlichkeit gewährleistet werden kann. Wir sehen, wohin es führt, wenn, wie in den vergangenen Jahren, eine fehlende Stadtentwicklungspolitik und Sparzwänge in den Bezirken Einrichtungen im Kulturbereich austrocknen. Es hat die konkrete Beeinträchtigung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstlern zur Folge, wie Ateliernot und soziale Abhängigkeit.

In dem Zusammenhang ist auch die Frage nach einem verstärkten Engagement von kommerziellen Galerien im »Non-Profit«-Bereich nicht wirklich für KünstlerInnen relevant. Die Aufgabe von Galerien liegt doch in erster Linie im Aufbau ihrer Künstler und im Mut zu unbekannten Positionen und ihrer internationalen Präsentation, was natürlich die Netzwerkarbeit im »Non-Profit«-Bereich einschließt.

Zusammenarbeit ist gefragt, aber nicht die Indienstnahme von Künstlern für Institutionen oder der Kunst für die Politik.

 

 

Quelle: P/Act for Art: Berlin Biennale Zeitung

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