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Foto: Artur Żmijewski

Video von Rafał Żwirek

Christus der König

von Mirosław Patecki

2001 hatte der polnische Pfarrer Sylwester Zawadzki die Idee, die weltgrößte Statue Jesu Christi am Rande von Świebodzin zu errichten. Die örtlichen Behörden, die Kirche und die Bürger der Stadt setzten alles in Bewegung, um dieses religiöse Denkmal Wirklichkeit werden zu lassen, und der Bildhauer Mirosław Patecki wurde mit dem Auftrag betraut, die Statue zu entwerfen. Die Christus-König-Statue wurde zehn Jahre später, im November 2010, eingeweiht – etwa 60 Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt und unweit der Autobahn und der Bahngleise, die Berlin und Warschau miteinander verbinden. Die Christusfigur und ihr Sockel ragen insgesamt über 50 Meter in die Höhe, was ungefähr einem zehnstöckigen Hochhaus entspricht. Schon jetzt hat sie Tausende Gläubige und Pilger angelockt, wodurch sie einen Beitrag zum Tourismus und der wirtschaftlichen Entwicklung dieser strukturell schwachen Grenzregion leistet. Es gibt Zukunftspläne für ein modernes Pilgerzentrum sowie für eine weltweite Vermarktung der Statue – wozu wir mit der Präsentation im Rahmen der 7. Berlin Biennale in gewisser Weise einen Beitrag leisten.

 

Über den Zeitraum der Ausstellungsdauer wird der Künstler an einer Nachbildung des Christuskopfes arbeiten und den ersten Stock der KW als Atelier verwenden. Patecki zelebriert nicht seine künstlerische Autonomie, sondern bietet seine Dienste der Kirche an und hat so die Möglichkeit erhalten, die riesige Christusfigur zu erschaffen. Bislang ist er mit dem Ergebnis, das aufgrund von Geldmangel, minderwertigem Material und einem unprofessionellen Team mehr einer Art Dummy als einem vollendeten Kunstobjekt gleichkommt, nicht wirklich zufrieden. Trotzdem vermag die Statue religiöse Gefühle auszulösen, was laut Patecki eine der Aufgaben guter Kunst ist.

 

Im Rahmen der Berlin Biennale erhält Patecki absolute Kontrolle über den Schaffensprozess, und so wird der Öffentlichkeit am Ende ein hoffentlich perfektes Antlitz präsentiert. Die Christus-König-Statue bestätigt die institutionelle Macht der Katholischen Kirche in Polen und ihre Indienstnahme von Kunst. Mit dem Einbringen von Christ the King in den Kontext zeitgenössischer Kunst versuchen wir nichts anderes als der Vatikan mit seiner Ankündigung der Teilnahme an der Biennale di Venezia: zu zeigen, wie machtvoll, ideologisch aufgeladen und beeindruckend religiöse Kunst – und Kunst allgemein – heute sein kann. Nicht nur in den neuen globalen Glaubensgemeinschaften in Nigeria oder Indien, sondern nach wie vor auch in Mitteleuropa, nur 100 Kilometer von Berlin entfernt.

 

von Artur Żmijewski und Joanna Warsza

 

Mirosław Patecki ist ein Bildhauer, der regelmäßig für die Katholische Kirche an Projekten arbeitet.

 

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10. Berlin Biennale