Künstler Martin Zet, Foto: Sandra Teigte
Deutschland schafft es ab
von Martin Zet
Die Aktion Deutschland schafft es ab wurde vom Künstler Martin Zet im Januar 2012 ins Leben gerufen. Der Aufruf, Exemplare von Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab – dessen rassistischen Inhalt man ablehnen mag – für ein Kunstprojekt zu spenden, führte zu einer hitzigen Debatte, scharfer Kritik durch die Medien, einer Polarisierung der öffentlichen Meinung und einem Ausbruch von Hasstiraden. Die Medien ergingen sich umgehend in Fantasien von Bücherverbrennungen, auch wenn Zet selbst davon nie sprach. Eine kleine Gruppe aus dem Umkreis rechtsgerichteter Initiativen organisierte aus Protest gegen das Projekt sogar eine Demonstration auf dem Berliner Bebelplatz – dem Ort, an dem die Nazis 1933 über 20.000 Bücher verbrannten. Was allerdings tatsächlich Feuer fing, waren die Vorstellungen der Menschen, angeheizt durch die Medien, welche den Vorschlag des Künstlers auf die Frage, was man angesichts der Popularität eines solchen Buches unternehmen könnte, mehrheitlich ablehnten. Infolgedessen zogen einige Kunstinstitutionen, die bereits zugesagt hatten, sich als Sammelpunkt am Projekt zu beteiligen, ihre Teilnahme zurück, während aus Nicht- Kunstkreisen neue Zusagen kamen (wie etwa vom Eigentümer eines Reisebüros in Berlin-Marzahn).
Wir glauben, dass einer der Gründe für die Angriffe auf Zet in der bloßen Tatsache liegt, dass Zet als tschechischer Künstler und „Außenseiter” Themen wie soziale Segregation, Ausschluss und Diskriminierung in Deutschland ansprach. Ursprünglich zielte das Projekt auf die Errichtung einer Kunstinstallation aus den gesammelten Büchern, die Besucher mit deren gefährlichen Inhalten konfrontieren sollte. Die 7. Berlin Biennale hat nicht viele Exemplare erhalten, dafür aber eine beträchtliche Anzahl von Hass-E-Mails und Vorwürfen.
Das Projekt eröffnete eine breite öffentliche Diskussion. Es machte die Notwendigkeit deutlich, gegen fremdenfeindliche Äußerungen vorzugehen und sich dem europäischen Trend eines zunehmenden Konservativismus entgegen zu stellen sowie langfristig gar mögliche Ambitionen Sarrazins zur Etablierung einer neuen, rechten Partei in Deutschland auszubremsen. Nur wenige Tage vor der Ankündigung von Zets Aktion veröffentlichte der Verlag, der Sarrazins Buch (mittlerweile in der 28. Auflage) ursprünglich in Auftrag gegeben hatte, eine Taschenbuchausgabe. Sarrazin ist ein Sozialdemokrat, der eine Welle rechter, extremistischer Tendenzen befeuert, die derzeit durch Europa rollt. Der ganze Kontinent könnte sich wandeln, wenn wir nicht sagen: „Schafft es ab“.
von Artur Żmijewski und Joanna Warsza
Martin Zet ist ein Künstler, der in seiner künstlerischen Arbeit Bücher sammelt, herstellt oder verwendet. Er lebt in Prag.
„Deutschland schafft es ab“ – erster Aufruf
Mit mehr als 1,3 Millionen verkauften Exemplaren ist „Deutschland schafft sich ab” von Thilo Sarrazin das erfolgreichste politische Sachbuch eines deutschen Autors der Nachkriegszeit. Im Rahmen der 7. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst initiiert der tschechische Künstler Martin Zet jetzt die Kampagne „Deutschland schafft es ab“. [...]Mehr >
On Twitter
Keine Kommentare / Kommentar schreiben