Video von Lidia Rossner
Aufruf zur Blutspende
Blood Ties
von Antanas Mockus
Die 7. Berlin Biennale lud den ehemaligen Bürgermeister von Bogotá, Antanas Mockus, ein, eines der Projekte zu kommentieren. Mockus, ein politischer Denker und nun auch ein Künstler, entschied sich für die Arbeit von Teresa Margolles, die sich mit dem aktuellen Drogenkrieg in Mexiko beschäftigt, wo Gangs und paramilitärische Gruppen in tödlichem Konflikt miteinander stehen und dabei auch unzählige unbeteiligte Zivilisten ermorden. Die Gangs kämpfen um die unvorstellbaren Profite, die es auf den Schwarzmärkten der USA und Europas zu erwirtschaften gibt. Mockus bittet Biennale-Besucher, künftig keine Drogen mehr zu nehmen beziehungsweise deren Konsum zu reduzieren. Man kann eine Erklärung unterzeichnen und – wenn man noch ernsthafter bei der Sache sein möchte – einen Blutstropfen spenden. Eine große Anzahl solcher Versprechen könnte tatsächlich zu einer Verringerung der Morde in Mexiko führen. Mockus’ Installation zielt darauf, die Realität in Mexiko zu verändern. Das Publikum in Europa wird aufgefordert, Verantwortung dafür zu übernehmen, in welchem Ausmaß der Drogenkonsum hierzulande die Zahl der in Drogenhandelskämpfen Zentralamerikas getöteten Menschen beeinflusst.
Wer ist Antanas Mockus? Ein ehemaliger Bürgermeister von Bogotá, der in seine politische Praxis von ihm als „Sub-Kunst” bezeichnete Strategien integrierte. In Kolumbien erfand er Mitte der 1990er-Jahre eine gewaltlose, performative Politik der Bilder und Gesten. Inspiriert durch seine Mutter Nijole Sivickas, eine litauische Bildhauerin, griff er später zu Subversion, Ironie und Unvorhersehbarkeit als Mittel für direkte Politik. Sein Programm von Bürgerkultur (Cultura ciudadana) – eine Art bürgerlicher Selbsterziehung durch Spiele und inszenierte Situationen – führte in den zwei Legislaturperioden seiner Amtszeit als Bürgermeister zu einem bemerkenswerten Rückgang der Mordrate. Mit diesem Ansatz setzte er die politische Tagesordnung außer Kraft und schwächte den rationalen Diskus. Er entwaffnete Hasstiraden und unterwanderte die Regeln der Bürokratie.
Mockus versprach, dass er sich selbst zum gescheiterten Künstler und Kunst als prätentiös erklären würde, sollte die Mordrate in Mexiko während der Ausstellungsdauer nicht zurückgehen.
von Artur Żmijewski und Joanna Warsza
Antanas Mockus ist Philosoph und Politiker, dessen politischer Ansatz von künstlerischen Strategien geprägt ist. Im Rahmen der 7. Berlin Biennale zeigt er eine Lecture-Performance über politischen Selbstmord, die auf seiner eigenen Erfahrung während des letzten Wahlkampfs in Kolumbien aufbaut.
„PM 2010” von Teresa Margolles
Die Künstlerin Teresa Margolles sammelt – in einer Art Jahrbuch – jeden Tag die Titelseiten des mexikanischen Boulevardblatts PM aus Ciudad Juárez, einer der gefährlichsten Grenzstädte Mexikos. Die Zeitung selbst ist online nicht verfügbar, sondern wird nur von Montag bis Samstag jeweils mittags um 13 Uhr verkauft. [...]Mehr >
„Bin ich ein guter Künstler?” mit Antanas Mockus
Antanas Mockus, ehemaliger Bürgermeister von Bogotá, untersucht das Ergebnis seiner Kunstinstallation im Rahmen der Berlin Biennale und spricht über seinen künstlerischen Umgang mit der Politik. [...]Mehr >
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