Fordern Sie den Stopp der Todesstrafe in Belarus

Am 30. November wurde in Minsk nach einem Schauprozess das Urteil über zwei junge Männer gesprochen – Todesstrafe.

 

Es gibt keine Beweise, dass die beiden 25-jährigen Männer den Terroranschlag in einer Minsker U-Bahn-Station im April 2011 organisiert haben. Der Prozess warf mehr Fragen auf, als dass er Antworten geben konnte. Ein älterer Mann, dessen Tochter Opfer des Terroranschlag war und schwer verletzt wurde, verlangte im Gerichtsaal nach einem gerechtem Prozess. Daraufhin wurde er mit Hilfe der Polizei in die Psychiatrie verfrachtet.

 

In einer demokratischen Gesellschaft werden Menschenrechte eingehalten und wo dies nicht der Fall ist, eingefordert. Es gibt eine unabhängige Justiz und wer immer der Meinung ist, etwas laufe falsch, kann dies öffentlich kundtun.

 

Aber was tun, wenn die Spielregeln nicht funktionieren?

 

In Belarus gibt es internationale Konzerne und Banken. Gas und Öl, welches durch das Land geleitet wird, geht in die EU-Länder. Man nimmt auf unterschiedliche Arten teil an einer globalisierten Marktwirtschaft. Die Entscheider, ob aus der Politik oder der Wirtschaft, scheint die Abwesenheit demokratischer Elemente in Belarus nicht ernsthaft zu stören. Und wenn es um Menschenrechte und Demokratie geht, dann heißt es: Die Belarussen müssen sich selbst befreien und die Diktatur in ihrem Land niederringen. Der bisher mangelnde „Erfolg“ der Bevölkerung lässt ja nur den Schluss zu, dass es ihnen wohl nicht so ernst mit der Sache ist.

 

Ljudmila Kovaljewa, die Mutter eines der zum Tode verurteilten jungen Männer, berichtet, was der Polizist ihr nach der Festnahme ihres Sohnes gesagt hat: „Kümmern Sie sich um den Rest Ihrer Familie, Sie haben ja noch eine Tochter“. Die Mutter soll vergessen, dass sie je einen Sohn hatte. Wenn man in Belarus lebt, soll man vergessen, dass es ein Recht auf Leben gibt.

 

Wozu dieser Schauprozess? In erster Linie geht es um die Einschüchterung der Bevölkerung:

 

Es geht darum, den Männern die Macht des Staates zu zeigen, der sie zum Tode verurteilen kann. Frauen werden in Belarus per Gesetz nicht zu Tode verurteilt.

 

Bei ihnen geht es darum, sie in eine Situation zu bringen, in der sie als Mütter verzweifelt, verängstigt, alleingelassen dastehen. Sie müssen um das Leben ihrer Söhne betteln.

 

Sogar nach dem Urteil übt Ljudmila Kovaljeva keine Kritik an der Regierung, Sie weiß, dass über das Leben ihres Sohnes nur ein einziger Mensch in dieser Wellt entscheidet. Eine geringe Hoffnung besteht noch, dass Lukashenko diesen Sohn begnadigt.

 

Die Menschen in Belarus wollen ihre Meinung gegen das Urteil und die Todesstrafe in Belarus äußern, auch wenn sie wissen, dass ihr Protest in  den Augen ihrer Regierung nichts wert ist, und dass diese Regierung sie dafür hart bestrafen kann.

 

Wie lange will man noch den Stand der Demokratisierung der belarussischen Gesellschaft an den Handlungen ihrer Regierung messen? Die Belarussen haben diese Regierung nicht gewählt, die Wahlen hatten bisher eher dekorative Funktion.

 

Seit Jahren wird auf Ebene der internationalen Politik versucht, diese Regierung zu demokratisieren. Widerspricht ein solches Bemühen nicht der Grundlage des demokratischen Denkens? Sucht man nicht nach etwas dort, wo es per Definition nicht sein kann?

 

Jeder, der heute die Frage stellt, warum sich die Belarussen nicht gegen Lukashenko erheben, muss sich die Frage gefallen lassen, wie er unter einem solchem Regime, bei Gefahr für Leib und Leben, handeln würde.

 

Sollte man also die zaghaften Protestversuche der Belarussen als Zeichen dafür sehen, dass dies eine Gesellschaft ist, die noch nicht für die Demokratie bereit ist? Oder ist Weißrussland unter gegebenen Umständen nicht eher ein Land der Helden?

 

Marina Naprushkina

 

 

Zurzeit werden weiter Unterschriften gegen das Urteil gesammelt: http://bit.ly/petitionbelarus

 

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